Im September 2004 brachen wir, Renato Botte und Pauli Trenkwalder, zwei Südtiroler Bergführer, nach China auf. Ziel der Kletterexpedition war eine Erstbegehung am Butalashan. Die Granitwände erreichen im Qonglaigebirge, das sich im Südwesten Chinas befindet, fast 1000 m. Der höchste Gipfel ist 6200m hoch. Ausgesucht haben wir dieses Ziel, weil es einerseits unbekannt ist und weil es zudem sehr viele unbestiegene Berge gibt.
Startpunkt in China war die 10 Millionen Stadt Chengdu. Hier konnten wir Lebensmittel kaufen und die Fahrt in die Sigungjang Region organisieren. Eigentlich wollten wir in Chengdu auch eine Expeditionstonne mit einem Teil der Expeditionsausrüstung abholen. Diese hatten wir schon einen Monat früher durch Luftfracht nach China geschickt. Die Materialtonne war in Chengdu unauffindbar. Auch das Durchsuchen mehrerer Hallen war umsonst. Fazit des Transporteurs: die Materialtonne mit Fixseil, Kletterseilen, Felshaken, Felshammer, Zelt, Friends usw. sei fast sicher in Bangkok „verloren“ gegangen.
Ein Doppelseil, 10 Haken, einige Friends, Klemmkeile, das kleine Hochlagerzelt, ein chinesischer Hammer, Kletterschuhe, Klettergürtel und Steigeisen waren unsere übriggebliebene Ausrüstung. Mit gemischten Gefühlen und der knappen Ausrüstung brachen wir auf. Mit einem Kleinbus erreichten wir die Ortschaft Rilong, den Ausgangspunkt der Expedition.
Im Shuangqiao Tal, einem der drei Haupttäler dieses Gebirgszuges, schlugen wir unser erstes Lager auf. Die sehr gastfreundlichen tibetischen Bauern boten uns einen Unterschlupf an. Froh darüber nicht im kleinen Hochlagerzelt ausharren zu müssen, nahmen wir das Angebot gerne an. Der Regen erlaubte in den nächsten Tagen nur zwei Wanderungen bis auf 4200m. Diese waren zwar gut für die Akklimatisation, aber ein Erkunden der Berge war aufgrund des dichten Nebels unmöglich.
Der Dauerregen und die nassen, glitschigen Felswände erlaubten kein Klettern. Das Leben mit den Bauern war aber ein einzigartiges Erlebnis. Ein kleines Chinesisch- Wörterbuch ermöglichte uns die Verständigung. Es war schön mit den Bauern zu essen und in ihre Gemeinschaft aufgenommen zu werden.
Der Nieselregen brach nie ab, und nach 8 Tagen ausharren, entschlossen wir uns in das Dorf Rilong zurückzukehren. Von hier aus kann man noch zwei weitere Täler erreichen: das Tal Champing und das Tal der Seen. In Rilong angekommen, haben wir sofort einen Wetterbericht eingeholt. Da dieser eine Wetterbesserung vorhersagte, brachen wir am nächsten Tag wieder auf. Ziel war der Gipfel mit dem Namen „die 2. Schwester“ der insgesamt 4 Schwestern. In zwei Tagen konnten wir diesen Gipfel, mit einer Höhe von 5300m, erklimmen. Blauer Himmel und Sonnenschein erlaubten einen schönen Ausblick über die unzähligen Berge.
Sonne, Wolken und starker Wind wechselten sich ab. In der Hoffnung dass sich das Wetter jetzt stabilisierte, beschlossen wir nun einen Kletterversuch im Champing Tal zu starten. Das Material trugen wir ca. 25 km in das einsame, nur von Yaks bewohnte Champing Tal. Auf einem sehr schönen, flachen Platz umzingelt von unbestiegenen Gipfeln bauten wir unser kleines Zelt auf.
Aber. statt einer Wetterbesserung kam die nächste Regenfront. Da auch hier das Klettern nicht möglich war, wanderten wir auf Yakpfaden bis auf 5000m. Auf Regen folgte Schnee und irgendwann die Entscheidung abzubrechen.
So unvorhersehbar der Verlauf dieser Expedition war, so spannend und abenteuerlich war auch die Begegnung mit den Menschen, die dort leben. Sprache, Schriftzeichen, Kultur und vor allem das chinesische Essen waren eine neue Erfahrung. Die Hilfsbereitschaft und die Gastfreundlichkeit der dort lebenden Menschen werden uns noch lange in schöner Erinnerung bleiben.